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Unser Boden – nachhaltig mit Füßen getreten

von Michael Eppinger.

„So können wir nicht weitermachen: Nehmen, aber nichts zurückgeben. Heutzutage geben wir nichts zurück – wir nehmen nur.“
HRH Charles, Prince of Wales

Erde, also unsere oberste Bodenschicht, ist für viele von uns der Dreck, über den wir uns ärgern, wenn er an unseren Schuhen klebt oder wenn wir uns die Finger damit schmutzig machen. Es ist der Dreck, den wir entsorgen, wenn er uns im Weg ist oder den wir einfach zubetonieren, um es sauber zu haben. Der Boden ist für uns eine selbstverständliche Gegebenheit, etwas, das wir missachten und mit Füßen treten. Tatsächlich aber ist der Boden die Basis des Lebens und damit auch unseres Lebens.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was der Boden eigentlich ist? Ich, zugegebener Maßen, habe dies lange Zeit nicht. Nicht einmal dann, als ich mit der Wurzelbürste am Waschbecken stand und meine Schuhe reinigte.

Unser Boden besteht im Wesentlichen aus vier Bestandteilen: Dem mineralischen Anteil, also dem Untergrundgestein, das zu mineralischen Bodenbestandteilen verwittert. Dem organischen Anteil, der aus Humus, abgestorbenem Pflanzenmaterial, Tierexkrementen und –leichen besteht. Dem Bodenwasser und den Bodenporen (Luft), die Voraussetzung für das Vorkommen von Bodenorganismen sind, und den Bodenorganismen selbst, die sich aus verschiedenen Pflanzen-, Einzeller-, Pilz-, Bakterien- und Tiergruppen zusammensetzen.

Dass unser Boden voller Leben ist, dass es mehr Lebewesen in ihm als auf ihm gibt, ist uns wenig bewusst. So stecken zum Beispiel in einer Handvoll Walderde mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt. Diesen Kleinstlebewesen, Pilzen, Flechten und Bakterien haben wir viel zu verdanken. Sie sind es, die in einer unvorstellbaren Arbeitsteiligkeit die Stoffkreisläufe von Werden und Vergehen schließen und damit die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten. Ohne sie gäbe es keine fruchtbaren Böden und es würde nichts wachsen. Sie spielen eine kritische Rolle für das gesamte Lebensgefüge auf unserer Erde, auch für unser eigenes Überleben, ohne dass uns dies bewusst ist.

Was passiert, wenn die Nährstoffkreisläufe nicht mehr richtig funktionieren, zeigt sich in der Umgebung von Tschernobyl. Fast 30 Jahre nach dem Reaktorunfall verrotten Laub und Totholz immer noch nicht und bilden eine dicke Schicht, die vom verstrahlten, geschädigten Bodenleben nicht zersetzt wird.

In der Vergangenheit sind unsere Böden so belastet oder geschädigt worden, dass viele Milliarden Euro in die Beseitigung von Altlasten fließen mussten oder noch fließen werden, Aber dennoch wird speziell in der konventionellen Landwirtschaft fast flächendeckend weiter geschädigt. So trägt die Düngung mit mineralischen Phosphatdüngern neben dem gewünschten Phosphat auch das Schwermetall Cadmium ein, speziell, wenn das Phosphat aus Marokko stammt, und das sehr giftige Schwermetall gelangt über die auf den geschädigten Böden wachsenden Pflanzen in unsere Nahrung. Eine weitere Schädigung der Böden erfolgt durch Verdichtung und Auslaugung. Durch Versiegelung werden unsere Böden nach wie vor in großem Maße unwiederbringlich zerstört.

Die lebendige Hülle unserer Erde ist eine endliche Ressource. Um die Ernährungssicherheit zukünftiger Generationen zu gewährleisten, müssen wir mit den Böden, die es noch gibt, sorgsam umgehen. Wir müssen sie so nutzen, dass ihre Fruchtbarkeit erhalten bleibt. Böden wachsen und regenerieren sich nur sehr langsam. So dauert es rund 250 Jahre, bis 1 cm fruchtbare Humuserde entsteht.

Eine Rückbesinnung auf Techniken aus der traditionellen Bewirtschaftung hilft, den Boden zu schonen und kann langfristig wieder zu einer Humusanreicherung führen. Generell eignet sich zum Aufbau der Bodenfruchtbarkeit das Aufbringen von (Bio-)Dünger in Maßen, Kompost und Gründüngung. Überdüngung ist dabei unbedingt zu vermeiden, da der überflüssige Dünger nicht zuletzt in unseren Gewässern und damit auch in unserem Trinkwasser landet. Weiterhin versauert er unsere Böden und zerstört damit die Artenvielfalt von Flora und Fauna.

Wussten Sie, dass der Boden neben den Ozeanen der wichtigste Kohlenstoffspeicher ist? Er bindet weltweit doppelt so viel Kohlendioxid wie die gesamte Vegetation und Atmosphäre zusammen. Durch Rodung von Wäldern, Umbruch von Grünland und Trockenlegung von Mooren trägt die heutige Landwirtschaft zur Emission von Kohlendioxid bei, indem durch diese Eingriffe der im Boden gebundene Kohlenstoff freigesetzt wird. Die Bewahrung und Einlagerung von Kohlenstoff in den Boden könnte den Klimawandel abmildern und die Bodenfruchtbarkeit erhöhen.

„Unser Leben hängt entscheidend von den Böden ab, deren Fruchtbarkeit den meisten von uns allerdings kaum etwas wert zu sein scheint, denn sonst würden wir die Böden nicht fast überall durch schlecht angepasste Landwirtschaft, durch Versiegelung und durch den Eintrag von Chemikalien und Schwermetallen aus der Luft sowie den unerwünschten Beimengungen im Kunstdünger weiterhin schädigen.“
Prof. Hartmut Graßl

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Quellen:
Wohlleben, Peter: Das Geheime Leben der Bäume, Ludwig Verlag, München, 2015.
Voigt, Beatrice (Hrsg.), Universität für Bodenkultur Wien(Hrsg.): BodenLeben, Beatrice Voigt Kunst- und Kulturprojekte & Edition, München, 2013.
Kropp Ruthild (Hrsg.): Genial Geschützt! Raffinierte Verpackungen in der Natur, Konrad Theiss Verlag, Darmstadt, 2015.